Wer war Vivian Maier?

Vivian Maier, die geheimnisvolle Fotografin, hat sich erst in den letzten Jahren zu einer bedeutenden Figur in der Welt der Fotografie und der Kunst entwickelt. Ihr einzigartiger fotografischer Stil und ihre Entdeckung Nach ihrem Tod machen einen Teil der Faszination der Künstlerin Aus. Ihre Bedeutung erstreckt sich über die Kunst hinaus und berührt Soziokulturelle fragen und die Art und Weise, wie wir Kunst und Kreativität Wertschätzen. Und: an den Werken der scheuen Fotografien zeigt Sich auch, dass sich ein Investment in Kunst lohnen kann.

Wer war Vivian Maier? Diese Frage treibt viele Menschen auch knapp 15 Jahre nach ihrem Tod, der sie in ärmlichen Verhältnissen in einem einfachen Pflegeheim ereilte, um. Fest steht, dass sie 1926 in New York City geboren wurde und in verschiedenen Städten aufwuchs, bevor sie schließlich in Chicago landete. 

In den 1950er bis 1970er Jahren arbeitete sie hauptsächlich als Kindermädchen bei wohlhabenden Familien, was ihr die Gelegenheit gab, in ihrer Freizeit intensiv zu fotografieren. Maier lebte zurückgezogen, was ihr rückblickend den Mythos des angeblich Geheimnisvollen einbrachte. 

Im fortgeschrittenen Alter war ihr Leben begleitet vom zwanghaften Aufbewahren von wahllos gesammelten Dingen, Bergen von Zeitungen, und man fand tausende belichtete, jedoch unentwickelte Filmrollen. 

Die Bedeutung ihres Werkes liegt zum einen in der Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit ihrer Biografie, in ihrem unkonventionellen Lebensstil, ihrer Entscheidung, ihre Fotografie weitgehend geheim zu halten und der unprätentiösen Art des Abbildens ihrer Objekte. Maier lebte in relativer Armut, dennoch investierte sie in Kameras, wie etwa in die zweiäugige Rolleiflex, sowie Unmengen von Filmen. 

Ihr Stil kann als klassische Straßenfotografie klassifiziert werden, die oft mit den Arbeiten von Fotografen wie Henri Cartier-Bresson und Robert Frank verglichen wird. Die Wahl von Schwarz- Weiß als Medium trägt zur Zeitlosigkeit ihrer Bilder bei.

Self-Portrait, Wilmette, IL 1972 © Vivian Maier Estate

Maiers fotografischer Stil ist geprägt von ihrer Vorliebe für die Schwarz-Weiß-Fotografie und ihrem Fokus auf Straßenszenen und Porträts von Menschen. Ihre Bilder zeichnen sich durch einen dokumentarischen Ansatz aus, der das Alltagsleben in New York und Chicago in seiner ganzen Vielfalt einfängt. Sie zeigt nicht nur die schönen Seiten der Städte, sondern auch die oft übersehenen Momente des Lebens in der Stadt. 

Ihr Stil kann als klassische Straßenfotografie klassifiziert werden, die oft mit den Arbeiten von Fotografen wie Henri Cartier- Bresson, Robert Frank oder Helen Levitt verglichen wird. Die Wahl von Schwarz-Weiß als Medium trägt zur Zeitlosigkeit ihrer Bilder bei. Ihre Aufnahmen wirken, als könnten sie in verschiedenen Epochen entstanden sein. Ihr besonderer Fokus auf Menschen und deren Geschichten verleiht Maiers Bildern eine universelle Qualität. 

 

Los Angeles, 1955 © Vivian Maier Estate

Das Besondere an Vivian Maiers Fotografie: sie blieb über Jahrzehnte hinweg weitgehend unbemerkt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: sowohl sich selbst als auch ihre besonderen Aktivitäten hat die Einzelgängerin zeitlebens und mit Nachdruck aus der Öffentlichkeit ferngehalten; niemandem hatte sie ihre Fotos (und Filme) gezeigt, mit Ausnahme vielleicht des Drogeristen, bei dem sie einige wenige ihrer Filmrollen entwickeln ließ. 

John Maloof, ein Historiker und Sammler, hat 2007, also zwei Jahre vor dem Tod Vivian Maiers, deren Fotografien und Filmrollen sowie weitere Habseligkeiten der Fotografin ersteigert. Leider haben sich John Maloof und Vivian Maier nie persönlich kennengelernt. 

Maloof begann später, die Fotografien zu untersuchen und zu digitalisieren. Er und andere schrieben – sicher nicht ganz uneigennützig – nach dem Tod Vivian Maiers deren Biografie und machten ihr bis dahin erst in Bruchteilen erschlossenes Werk bekannt. 

Diese „Entdeckung“ führte schließlich zu einem internationalen Interesse an Maiers Werk und an ihrem Leben. Ihre Fotografien wurden in vielen Ausstellungen und Büchern veröffentlicht, sogar einen Roman und eine für den Oscar nominierte Dokumentation über ihr Leben gibt es inzwischenAn diesem anhaltenden Nachruhm partizipierte die Künstlerin jedoch nicht mehr. 

Ihre Bilder werfen auch sozio- kulturelle Fragen auf. Sie doku- mentierte die Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft und in städtischen Umgebungen im Laufe der Jahrzehnte. Maiers Fotografien von Kindern, Ar- beitern und städtischem Leben bieten Einblicke in vergangene Zeiten und spiegeln gesellschaft- liche Entwicklungen wider.

Untitled, Los Angeles, August 1955 © Vivian Maier Estate

Kritische Stimmen würden „eine rechtlich und moralisch fragwürdige, postum interessengeleitete Legendenbildung und Kommerzialisierung ihrer Person und ihrer Bilder“ bemängeln, heißt es etwa bei Wiki (lesenswerter Eintrag mit mehr als 80 Einzelnachweisen). 

Das tut der Bedeutung von Vivian Maier jedoch keinen Abbruch. Aktuell ist ein Run auf ihre Werke zu verzeichnen. Kein Wunder: ihre Bilder haben das Bewusstsein für die Straßenfotografie und die Schönheit des Alltags geschärft. In einer Welt, die oft von Inszenierung und Perfektionismus geprägt ist, erinnert uns Maier daran, dass Authentizität und Einfachheit oft die stärkste Botschaft vermitteln. 

Ihre Bilder werfen auch soziokulturelle Fragen auf. Sie dokumentierte die Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft und in städtischen Umgebungen im Laufe der Jahrzehnte. Maiers Fotografien von Kindern, Arbeitern und städtischem Leben bieten Einblicke in vergangene Zeiten und spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen wider. 

Ihr Einfluss zeigt sich auch in der Art und Weise, wie wir heute über Fotografie und Kunst denken. Ihre Geschichte ermutigt Künstler und Sammler, nach versteckten Schätzen in vergessenen Archiven zu suchen: zum einen, um die Bedeutung von Kreativität und Selbstausdruck würdigen zu können. Zum anderen, um ihre Werke erwerben – und in sie investieren zu können.